Roman in 5 Tagen schreiben

Einen Roman in 5 Tagen schreiben – geht das?

Eine Idee, die nicht loslässt … ​​einen Roman in 5 Tagen schreiben

Für einen Wettbewerb hatte ich die Idee entwickelt, am Stand auf der Frankfurter Buchmesse einen Roman in 5 Tagen schreiben zu lassen ! Es war ja nur eine Idee … wie ich das umsetzen würde, könnte ich noch genauer ausarbeiten, sollten wir gewinnen. Wir haben nicht gewonnen. Die Idee wollte mich trotzdem einfach nicht loslassen. 

Mein Hintergrund ist ja der, dass ich noch immer gegen den deutschen Genie-Mythos beim Romanschreiben kämpfe: Viele glauben, man müsste sich einfach lang genug hinsetzten, Wort an Wort fügen und dann entstünde da schon ein tolles Buch von selbst – am Liebsten auch ohne Überarbeitung. Das scheinen noch immer sehr viele Menschen zu glauben, denn ich höre diese interessante Fragen noch recht häufig, wenn ich erzähle, was ich mache: “Kann man Romane schreiben wirklich lernen?” Ja! “Was macht ihr dann in den Kursen? Redet ihr die ganze Zeit über eure Texte?” Nein, über Charakterisierungen, die den Leser packen. Über Dramaturgie, die den Leser bis zum Ende hält, noch vieles mehr und am Ende natürlich auch über die Texte. Und so weiter…

Schreiben ist ein Handwerk – ein Kunsthandwerk eben. So wie man auch Kunst oder Musik lernen kann. Der Musikunterricht in der Schule und viel Musikhören befähigt schließlich auch die wenigsten dazu, Musik selber zu komponieren. Genauso verhält es sich mit dem Schreiben. Schreiben und Lesen in der Schule und viele Bücher lesen reicht auch nur selten aus, gute Romane zu schreiben. Mit dem Handwerkszeug und einem guten Plan ist es dann aber möglich, einen Roman in fünf Tagen zu schreiben.

Die Autoren, die auf der Buchmesse das Projekt schreiben würden, wären natürlich schon ausgebildet. Sie können ihr Handwerkszeug. Die Herausforderung hier würde aber noch immer darin liegen, dass mehrere Autoren den Roman live auf der Buchmesse schreiben. Diese Autoren haben so aber noch nie vorher zusammengearbeitet. Und jeder wird es mitverfolgen können … 

Aber es war ja nur eine Idee. Doch dann bekam ich aber ein gutes Angebot für einen Stand auf der Frankfurter Buchmesse und es war klar:

Es wird 2019 nicht nur den ersten Stand einer Schreibschule überhaupt auf einer Buchmesse geben. Nein! DIE IDEE WILL LEBEN! DAS EXPERIMENT “EINEN ROMAN IN % TAGEN SCHREIBEN” MUSS GEWAGT WERDEN!

Jurenka Jurk

Wer schafft es, in so kurzer Zeit einen Roman in 5 Tagen zu schreiben?

Wen sollte ich für die Mitarbeit am Projekt “Einen Roman in 5 Tagen schreiben” fragen? Es mussten Schreibende sein, die unter Zeitdruck arbeiten können, denn schließlich sollte die Buchmesse schon in knapp drei Monaten stattfinden. Die Autoren, die durch meine Ausbildung zum Romanautor gegangen waren, sind alle so gut ausgebildet, dass sie wissen, wie man einen Roman plant und schreibt. Aber auch in so kurzer Zeit?

Im August fragte ich die Autorinnen Stefanie und Natascha, ob sie sich vorstellen könnten, während der Frankfurter Buchmesse am Stand von Schreibfluss einen Roman live in 5 Tagen zu schreiben. Die Idee, in fünf Tagen ein Buch zu verfassen, und das auch noch vor Publikum, war so faszinierend, dass beide nach ein wenig Bedenkzeit Ja zu dem Projekt sagten.

Die Planung des Romans musste also in nur zwei Monaten durchgeführt werden

Natascha schreibt auf der Frankfurter Buchmesse am Romanschule Stand in 5 Tagen ein Buch.
Jurenka Jurk und Natascha Birovljev am Messestand, in Frankfurt

Dann gäbe es fünf Tage auf der Buchmesse Zeit für den Schreibprozess – für ca. 300 Normseiten oder knapp 100.000 Worte. Wir beschlossen, dass die Überarbeitung danach nochmals ca. drei Monate beanspruchen sollte.

Beide Autorinnen haben die Ausbildung zum Romanautor bei Schreibfluss absolviert und den Romanfahrplan daraus verinnerlicht.

Stefanie überarbeitet derzeit ihren ersten Romans. Sie ist mehrfache Mutter, hat Germanistik und Archäoligie studiert und freut sich darauf, während der Buchmesse sich ganz auf das Schreiben konzentrieren zu dürfen. In ihrem sonstigen Alltag ist sie es gewohnt, sich bei jeder Gelegenheit 15 Minuten abzuknapsen, um an ihrem Projekt arbeiten zu können.

Natascha lebt in Kanada auf ihrer Ranch und schreibt momentan an ihrem dritten Buch. Normalerweise geistern ihr die Romanprojekte Tag und Nacht durch den Kopf. Da dieses Experiment den starken zeitlichen Rahmen hat und sie auch an ihrem anderen Projekt arbeitet, trainiert sie gerade das Durchstarten und wieder Loslassen und das Springen von Projekt zu Projekt.

Ich hatte noch zwei weitere ausgebildete Autorinnen angefragt, die beide aber aus verschiedenen Gründen an dem Projekt “einen Roman in 5 Tage schreiben” nicht teilnehmen konnten. Es stellte sich glücklicherweise heraus, dass die Zweierbesetzung mit Natascha und Stefanie eine großartige Kombination ist. Die beiden ergänzen sich ganz wunderbar. 

Der Romanfahrplan als Geländer

Dem Fahrplan folgend musste zunächst einmal eine Idee her. Liebesroman, Krimi, Fantasy, Frauenroman? Diese Genres und erste Ideen warfen die Autorinnen in das Brainstorming in der ersten Videokonferenz. Da Natascha in Kanada lebt und Steffi in Deutschland, wurden die Videokonferenzen ein wichtiger Kommunikationskanal. Auch während der Ausbildung zum Romanautor hatten beide schon so mit mir zusammengearbeitet.

Schnell war klar, ein Frauenroman sollte es werden, eine Geschichte von zwei Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Als nächster Schritt war die Charakterisierung der Protagonistinnen Anja und Ina dran. Da es genau zwei Autorinnen für dieses Projekt sind, beschlossen wir, zwei Perspektiven für den Roman zu wählen. So konnte jede Autorin eine Figur auswählen und später auch aus deren Perspektive schreiben.

 Autorin Natascha Birovljev

Lass uns ein Roman in 5 Tagen schreiben, live, während der Frankfurter Buchmesse, diese Idee von Jurenka erschien verrückt, aber gleichzeitig so aufregend, dass Steffi und ich dem Angebot nicht widerstehen konnten.Wir entschlossen uns, die Geschichte zweier Schwestern zu erzählen und schnell war geklärt, wer welche Protagonistin übernimmt. Lustig, dass Jurenka sicher war, Steffi und ich würden uns für die jeweilig andere Heldin entscheiden. Bestimmt nicht die letzte überraschende Wendung in diesem Projekt. Es bleibt spannend.

Natascha Birovljev – Autorin

Den Überblick behalten

Eine sehr gute Übersicht über die Gedanken, Fortschritte und Fragen des anderen gab den Autorinnen das Arbeiten mit Trello – so wie sie es ebenfalls schon aus der Ausbildung kannten. Auf Listen und Karten nahmen Anja und Ina Gestalt an.

Weiter dem Romanfahrplan folgend hieß es nun, die Heldenreisen der beiden Schwestern zu erstellen. Eine Herausforderung für Stefanie und Natascha, diesen wichtigen Schritt in einer kurzen Zeit von ca. zwei Wochen zu erarbeiten!

Mitte September wurden die Heldenreisen wieder in einer Videokonferenz besprochen und die Stepoutline musste in Angriff genommen werden. Die Autorinnen merkten, dass die Kommunikation sich vertiefen musste, damit aus den zwei Geschichten der Schwestern ein ineinander verknüpfter, spannender und mitreißender Roman wird. Umso deutlicher wurde dies, als in Trello die Listen für den Szenenplan angelegt wurden. Drei Wochen arbeiteten die Autorinnen an der Erstellung des Szenenplans auf Trello. Richtungsweisend waren die Heldenreisen, die sie zuvor erarbeitet hatten. Auf Trello-Karten wurden die Erlebnisse von Anja und Ina festgehalten, sortiert, angeordnet und gegenseitig kommentiert. Es gab einige Vors und Zurücks, spontane Einfälle fanden ihren Weg in die Geschichte und der Roman wuchs stetig an.

Mit Spannung öffne ich jeden Tag mehrmals meinen Laptop – und schau als Erstes: Gibt’s was Neues von Natascha? Wenn ich auch zunächst befürchtet habe, dass mir das Planen eines ganzen Romans in kurzer Zeit zu viel würde, so kann ich jetzt sagen: Es macht Spaß und bildet einen guten Ausgleich für mich zum Überarbeiten meines eigenen ersten Romans.Schnell hatten wir beide ein Bild von unserer “Schwester” im Kopf und entwarfen nun die Heldenreise einer jeden. Spannend war, wie die zwei unterschiedlichen Schwestern wieder zusammenkommen und was dann passiert. Nachdem nun die Geschichte schon einige Zeit steht, überlegen wir uns Szenenskizzen mit dem Szenenplan. Wir schaffen es, uns möglichst schnell Feedback zu geben und die geplanten Szenen zur Diskussion zu stellen, zusammenzubringen und entsprechend an die richtige Stelle zu schieben.Nur noch zwei Wochen … es ist und bleibt ein Abenteuer und so fühlt es sich auch an … wenn ich auch mit großer Spannung den fünf Tagen Buchmesse entgegensehe, so ist auch ganz viel Freude dabei.

Stefanie Seiler-Runge – Autorin
Autorin Stefanie Seiler
(c) Alexander Runger

Vorbereitung für das Schreiben auf der Messe

Es wurde Zeit, die Szenen von Trello in das Papyrus zu übertragen. Ich bin schon lange Fan von dem Programm. Es eignet sich hervorragend dafür, alle wichtigen Infos gut sortiert im Blick zu behalten und trotzdem ungestört das eigentliche Manuskript zu schreiben. Der Roman wird während der fünf Tage der Buchmesse in einem gemeinsamen Papyrus-Dokument entstehen. Die Autorinnen werden abwechselnd live am Stand von Schreibfluss schreiben.

Hierbei ermöglicht die Organizer Funktion in Papyrus, dass jede Szene bereits im Vorfeld skizziert ist und die Autorinnen während des Schreibens den auf Trello erstellten Szenenplan immer zur Hand haben. So wird auch schnell ersichtlich, welche Szenen von wem schon geschrieben wurden und welche noch offen sind.

Vorbereiteter Szenenplan, um in in 5 Tagen einen Roman auf der Messe zu schreiben
Szenenplan „Roman in 5 Tagen” schreiben

Der Startschuss und das Finale von “Roman in 5 Tagen schreiben”

Steffi und Natascha fiebern dem Startschuss am ersten Messetag, dem 16. Oktober, entgegen. Der Romanfahrplan gibt ihnen beim Verfassen der Rohfassung des Buches Sicherheit, sich auf dem Schreibweg nicht zu verfahren oder stecken zu bleiben. Wenn alles nach Plan läuft, wird am Sonntagabend, den 20. Oktober, im Papyrus-Dokument die Rohfassung des Buches stehen. Wie genial verrückt wird dieses Gefühl für die beiden Autorinnen sein?

Werden sie es schaffen? Gibt es ein Happy End für dieses gewagte Experiment? 

Die Antwort auf diese Fragen und einen Bericht über das Live Schreiberlebnis gibt es natürlich für euch nach der Messe. Bei den Live-Übertragungen geben wir dann auch schon an, wie weit wir in unserem Plan sind. Ich bin jedenfalls schon gespannt!

Live auf der Messe oder im Internet

Das Schreib-Event kann live im Internet mitverfolgt werden und zwar zu folgenden Terminen:

16.10. ca. 10.15 – 11.15 Uhr – Startschuss! 17.10. ca. 9.00 – 10.00 Uhr18.10. ca. 17.00 – 18.00 Uhr19.10. ca. 15.30 – 16.30 Uhr20.10. ca. 16.00 – 17.00 Uhr – Das Finale!

Verrückt?

Schreib mir, was du von unserem Experiment hältst! Sehen wir uns auf der Buchmesse? Kommst du vorbei und schaust es dir an? Oder wirst du vielleicht online vorbeischauen? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

Ergänzung – 13.10.2019, noch vor der Buchmesse

Es gibt tolle Rückmeldung zu diesem Experiment. Aber auch kritische, teilweise sehr kritische. Von “das ist doch keine Herausforderung, Profis können das alle” bis hin zu “ihr entwertet das Romanschreiben!” oder “den Autorinnen würde ich mal was flüstern, aber ich gehe aus Prinzip nicht zu solchen Veranstaltungen” oder “da kann ja nur Schrott bei rauskommen”. Einige scheinen sich persönlich getroffen zu fühlen und ich habe lange darüber nachgedacht, woran das liegen könnte. 

Den Genie-Mythos zu entglorifizieren bedeutet wohl auch, diejenigen anzugreifen, die sich mühevoll in die Sphären der Genies geschrieben haben oder dorthin schreiben wollen. Dass wirklich jeder (der motiviert genug ist) das Romanschreiben erlernen kann, greift vermutlich den Wert ihrer harten Arbeit an. Denn sie mussten es ja noch ohne das Erlernen von Handwerk mit “Versuch und Irrtum” erlernen. Anders kann ich es mir nicht erklären.

In der Malerei ist es allgemeinhin anerkannt, dass man sie erlernen kann. Perspektivlehre, Pinselführung, Komposition und Farblehre … das übliche Handwerkzeug. Daraus entwickelt man dann seinen eigenen Stil und bricht gezielt Regeln. 

Warum nur ist das beim Schreiben so anders?

Was meinst du?

Ergänzung – 31.10.2019, nach der Buchmesse

Das Tollste zuerst, Steffi und Natascha haben es tatsächlich geschafft, und in den fünf Messetagen 200 Seiten geschrieben! Damit ist die Rohfassung des Romans beendet! YEAH! Ich bin sehr stolz auf die beiden und am meisten hat es mich gefreut, zu sehen, wie viel Spaß Natascha und Steffi trotz des Messetrubels am Schreiben hatten. Der Startschuss fiel am Mittwoch, und nach ein paar technischen Problemen mit dem live Feed auf Facebook, legte Steffi los.

Die Autorinnen des 5-Tage-Romans bei einer verdienten Kaffeepause
v.l.n.r.: Jurenka Jurk, Natascha Birovljev, Stefanie Seiler

Bereits in den ersten Stunden hatten wir Besuch von einigen Pressevertretern, die sich sehr interessiert über unser Projekt informierten.

Während der ersten beiden Messetage wechselten sich die Autorinnen ca. alle zwei Stunden ab, um am Buch zu schreiben. Aber schon am Donnerstag Abend wurde klar: Mit dieser Herangehensweise ist das Ziel nicht zu erreichen. Also schrieben Steffi und Natascha in den folgenden Tagen gleichzeitig an zwei Laptops und ihre Finger flogen nur so über die Tasten! Bei diesem Tempo zahlte sich die Romanplanung im Vorfeld – anhand des Romanfahrplans – besonders aus und die beiden schrieben die Szenen ihrer jeweiligen Protagonistin mit dem Wissen, dass der erarbeitete Plot einem gemeinsamen Ziel entgegen strebte.

Am Samstag war die größte Herausforderung der hohe Besucheransturm, da der Lärmpegel rund im den Schreibfluss Stand anwuchs. Auch hielten immer mehr Messebesucher am Stand an, verfolgten auf dem Monitor den Stand des Buchprojekts und stellten Fragen über den Schreibprozess. Trotzdem blieben Steffi und Natascha fleißig dran, arbeiteten mit Ohrstöpseln und Kopfhörern (Steffi) oder legten sich Musik ins Ohr (Natascha). Die Motivation, es noch zu schaffen, war groß und aus dem guten Schreibfluss vom Samstag wurde am Sonntag ein reißender Strom. Die Energie am Stand war für mich und die Messebesucher spürbar und wir alle fieberten mit den beiden mit. Um 16:30 Uhr gingen wir wieder live auf Facebook und Natascha schrieb die letzte Szene. Und um kurz nach 17:00 Uhr tippten Steffi und Natascha das Wort ENDE unter die Rohfassung der Schwesterherzen (Arbeitstitel)! Wir stießen gemeinsam an, was für ein super Gefühl!

Als nächstes werden Natascha und Steffi die Überarbeitung in Angriff nehmen, denn eine fertige Rohfassung ist natürlich noch kein veröffentlichungsreifer Roman. Da die beiden neben dem FBM-Buchprojekt aber auch noch ihre eigenen Buchprojekte bearbeiten, haben wir beschlossen, hier keinen großen Druck aufzubauen. Trotzdem behalten wir das Ziel, den FBM-Roman zu veröffentlichen, natürlich im Blick und werden dich auf dem Laufenden halten!

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert